18.9.2015 – Jassy

Inhaltlich war der fünfte Exkursionstag in Jassy zweigeteilt. Begonnen wurde der Tag mit einem Besuch des Universitätsmuseums von Jassy, in welchem uns engagierte Promovenden der Geschichtswissenschaft eine Führung gaben. Im Abschluss daran wurde in den Räumlichkeiten des Museums ein Kennenlernen in gemütlicher Runde mit Geschichtsstudierenden/Promovenden abgehalten.
Das 2009 gegründete Universitätsmuseum behandelt im Erdgeschoss die archäologischen Ausgrabungen und Funde von Wissenschaftlern aus Jassy. Hierbei handelt es sich um Funde aus dem Neolithikum, welche seit 1884 bei Valea Lupului archäologisch erschlossen wurden und werden. So zählen diese Funde zu der Cucuteni Kultur mit Matriarchaler Gesellschaft.
Vom Hauptraum des Erdgeschosses, welcher einen Überblick über die Forschung, die involvierten Archäologen sowie eine Vielzahl von Frauenstatuetten beherbergte, zweigten sich drei Nebenräume ab. Der neolithische Alltag mit Steinbeilen, Feuerstellen und nachgestellten Jagdszenen bot einen anschaulichen Einblick in die steinzeitliche Lebensweise. Im zweiten Raum wurde Cucuteni Keramik ausgestellt und im dritten Raum, der „Schatzkammer“, konnte der Besucher Phallusexponate und Frauenstatuetten bestaunen.
Irritierend an der Ausstellung war allerdings, dass die gezeigten Exponate nur sehr wenig bis gar nicht erläutert wurden. Kurze Exponatcharakterisierungen reichen leider nicht, aus um einen Einblick in die Kulturlandschaft des Neolithikums zu bekommen. Es wurden zwar faszinierende Exponate gezeigt, allerdings nicht erklärt und somit der Besucher hierbei alleine gelassen.
Ebenfalls wurde das Matriarchat nur umrissen, der neolithischen Ideenwelt kein Gesicht gegeben.
Auf Nachfrage, wie sich das Matriarchat charakterisieren lässt, wurde die Bedeutung des „Gebärens/Facility“ der Frau hervorgehoben, da hierdurch die Gesellschaft fortbestehe. Da diese Charakterisierung nun doch sehr oberflächlich scheint, wurde auf die Nachfrage des Protokollanten, wie das Matriarchat im Vergleich zum Patriarchat steht, mit der Entwicklungsgeschichte geantwortet: Im Matriarchat war die Steinverarbeitung vorherrschend, durch veränderte Handwerksprozesse wie der Bronzeverhüttung wurde die Stellung des Mannes gestärkt. Das Matriarchat wandelte sich zum Patriarchat durch den gesteigerten gesellschaftlichen Einfluss des metallverarbeitenden Mannes.
Dieser Prozess der gesellschaftlichen Veränderung von der Stein- zur Bronzezeit ist durchaus richtig, in der Ausstellung allerdings didaktisch soweit auf die „Fakten“ reduziert, dass der besonderen gesellschaftlichen Charakterisierung des Matriarchats keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Hierbei ist viel Spannungs- und Diskussionspotential verloren gegangen, insbesondere da die Vorgeschichte an der JGU Mainz nicht Teil des Geschichtsstudiums ist.
Ebenfalls drängte sich dem Protokollanten der Verdacht auf, dass die Darstellung des Renommees der Professoren über die Darstellung der wissenschaftlichen Erkenntnis gestellt wurde.
Im Obergeschoss bot sich der Mainzer Exkursionsgruppe ein Abriss der Universitätsgeschichte von Jassy an. Hierbei wurden Gründungsdokumente und Forschungswerkzeug ausgestellt. Zwei Fragen können mit diesem Obergeschoss verbunden werden, insbesondere im Vergleich zur JGU Mainz:
Wieso investiert die Universität von Jassy in ein Museum und die universitäre Selbstdarstellung? Was wird sich hierdurch erhofft und wieso findet sich an der Johannes Gutenberg-Universität keine vergleichbare Ausstellung?
Nach dem Museumsgang trafen sich die Studierenden aus Mainz und Jassy im ausgebauten Dachgeschoss des Universitätsmuseums. Die Möglichkeit des Austausches wurde von allen Anwesenden rege genutzt und nach kurzer Zeit wurden die Gespräche in kleineren Gruppen fortgeführt. Hierbei wurde kein spezifischer Rahmen definiert, sodass die Studierenden die offene Gesprächsmöglichkeit nutzen konnten.
Themen der Gespräche waren unter anderen: Archäologie im rumänischen Grundstudium, PhD Leben/Finanzierung/Zukunftspläne und Thesisfindung, Pictures of Romania und studentischer Lebensaustausch im allgemeinen.

Jan Engel