„Frieden, Bruder, Frieden!“ Musikalische Botschaften aus Südosteuropa

Die Zweigstelle Mainz der Südosteuropa-Gesellschaft, der Arbeitsbereich Osteuropäische Geschichte und das Studium generale laden zu folgendem Vortrag ein:

Prof. Dr. Gabriella Schubert
Jena/Berlin

„Frieden, Bruder, Frieden!“ Musikalische Botschaften aus Südosteuropa

Dienstag, 22. November 2011, 18.15 Uhr, Fakultätssaal (Philosophicum)

In Westeuropa weiß man über Südosteuropas musikalische Traditionen und Ausdrucksformen sehr wenig; eine diffuse Vorstellung besteht lediglich über Balkan-Musik als Ethno-Musik. Nach einem kurzen Überblick über einige Besonderheiten der historischen Entwicklung der südosteuropäischen Musikkulturen wird die für Südosteuropa so bedeutende Volksmusik in den Blick genommen, die als „Balkanwelle“ Westeuropäer immer wieder in Begeisterung versetzt. Im Mittelpunkt des Vortrages steht jedoch ein Musikstil, der sich im autoritären sozialistischen Milieu entfaltete und Ausdruck für die Lebenshaltung und die politische Opposition einer ganzen Generation war: die Rockmusik. Eine besondere Sprengkraft erhielt sie im auseinanderfallenden Jugoslawien und ganz besonders in Serbien. Während des autoritären Milošević-Regimes standen sich zwei Musikstile gegenüber: der von den Nationalisten geförderte, einlullende und schwülstige, über reale Gegebenheiten hinwegtäuschende sog. Turbo-Folk, gekennzeichnet von Anklängen an den Orient und von primitiver Ästhetik, und Rockmusik, die sich zum Medium der Widerstandsbewegung der jungen Generation entwickelte. Am Ende des Vortrags wird ein Ausblick auf die heutige Situation der Rockbands und ihre Wiederbelebung in der „Balkan-Ökumene“ gegeben, ferner die unter der Durchschnittsbevölkerung populäre Unterhaltungsmusik vorgestellt, die eine Mischung von MTV und Folklore darstellt und auch im Eurovision Song Contest vertreten wird. Die Ausführungen werden von konkreten Musikvideos und Textbeispielen begleitet.

Gabriella Schubert hatte von 1995–2010 die Professur für Südslawistik und Südosteuropastudien an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne. Sie ist Mitglied der Serbischen Akademie der Wissenschaften Belgrad; Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Budapest; Trägerin der Konstantin-Jireček-Medaille der Belgrader Universität; 2009 Auszeichnung durch die Bulgarische Akademie der Wissenschaften; Mitglied des Präsidiums der Südosteuropa-Gesellschaft. Ihre Forschungsschwerpunkte betreffen u.a. Ethnologie und Folkloristik der Ethnien Südosteuropas, Das Eigene und das Fremde im Spiegel der Literatur.

Über 200 Veröffentlichungen (u.a.: Kleidung als Zeichen. Kopfbedeckungen im Donau-Balkan-Raum. Berlin 1993; Serbien in Europa. Leitbilder der Moderne in der Diskussion. Wiesbaden 2008; Prowestliche und anti­westliche Diskurse in den Balkanländern/Südosteuropa. Hg. gem. mit Holm Sundhaussen. München 2008) und zahlreiche Vorträge zur Südslawistik, zur komparatistischen Südosteuropaforschung und zur Balkan-Ethnologie; u.a. auch zur Musikkultur: Der epische Sänger als Mittler zwischen Diesseits und Jenseits (1989); Pfeifen und Flöten aus Ton im Donau-Balkan-Raum (1994); Zur epischen Tradition im serbisch-montenegrinischen kulturellen Selbstverständnis (2005).